CEOs kleiner und mittlerer Unternehmen müssen eine strategische Entscheidung treffen: Sollen sie ihre ESG-Berichterstattung jetzt entwickeln und umsetzen oder erst später, wenn sie gesetzlich vorgeschrieben ist?
Was wir heute über die neuen ESG-Vorschriften der EU wissen
Wiesbaden, 07. Januar 2021 Auf Ebene der EU sind die EU-Taxonomie und die EU-Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (SFDR) zwei zentrale Säulen, die die Unternehmen dazu drängen, die ESG-Berichterstattung zu übernehmen?
Die EU-Taxonomie legt fest, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als nachhaltig gelten. Während die Ziele der EU für den Europäischen Green Deal und die Klimaziele für 2030 im Vordergrund stehen, besteht die Absicht dieser regulatorischen Anforderung darin, ein „Schwarz-Weiß“-Klassifizierungssystem dafür zu schaffen, welche wirtschaftlichen Aktivitäten den Status „nachhaltig“ erhalten dürfen. Obwohl die EU einige Aktivitäten leicht klassifizieren konnte, sind einige Kontroversen, zum Beispiel über die Erzeugung von Atom- und Gasenergie, entstanden. Sobald Unternehmen und ihre Aktivitäten genau als [x%] nachhaltig beschrieben werden können, können die Marktteilnehmer fundiertere Entscheidungen bei der Kapitalallokation treffen.
Die erste Phase trat am 1. Januar 2022 in Kraft: Unternehmen und Finanzinstitute können nun freiwillig über die Taxonomie-Eignung berichten. In der zweiten Phase im Jahr 2023 müssen die Unternehmen über ihre Taxonomie-Konformität und die Finanzinstitute über ihre Taxonomie-Eignung berichten. Bis 2024 sollen schließlich sowohl Unternehmen als auch Finanzinstitute über ihre Taxonomie-Konformität berichten.
Die SFDR trat im März 2021 in Kraft und verpflichtet die Finanzmarktteilnehmer, auf Unternehmensebene Angaben über (i) die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken sowie (ii) die potenziellen positiven Nachhaltigkeitsfolgen zu machen. Die Offenlegung erfolgt in Form von standardisierten Beschreibungen auf Websites, im Prospekt und regelmäßigen Berichten. Da der Anwendungsbereich der SFDR sich eher auf Finanzberater und Finanzmarktteilnehmer bezieht, ist diese Gesetzgebung von besonderem Interesse für direkte Kapitalmarktakteure.
Detailliertere Informationen über ESG-orientierte Produkte, das heißt der Fokus von Angaben auf Unternehmensebene zu Angaben auf Produktebene, sind am 01. Januar 2022 in Kraft getreten.
Während die Kapitalgeber in unterschiedlichem Maße daran arbeiten, ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erfüllen, befinden wir uns bereits in einer Welt, in der die Investoren anspruchsvoller sind als die ESG-Gesetzgebung
Was das praktisch für Ihr Unternehmen bedeutet
Im Laufe des Jahres 2022 werden sich die gesetzlichen Offenlegungspflichten auf EU-Ebene weiter entwickeln. Warum also nicht abwarten, wie sich die Verordnung entwickelt, und dann nachziehen, wenn die Zeit reif ist? Um die Anforderungen zu erfüllen, sollte das Unternehmen seine Hausaufgaben machen – also verstehen, wie ESG-Berichterstattung funktioniert, und dann die richtigen internen Systeme für eine effiziente Daten- und Informationssammlung einrichten. Die Vorbereitung ist eine doppelte Aufgabe: zunächst eine interne Due-Diligence-Prüfung, um genau zu verstehen, wo Ihr Unternehmen steht, wenn es um die Quantifizierung seiner Aktivitäten wie zum Beispiel Gesamt-CO2-Emissionen geht, und zweitens zu lernen, wie man diese Informationen effektiv berichtet und kommuniziert.
Wenn es um die Kommunikation von ESG-Informationen geht, gibt es zwei führende Kräfte auf dem Markt: Die Standardsetzer und die Ratingagenturen. Die EU schreibt zwar keine Berichterstattungsstandards vor, aber die von Akteuren wie dem SASB, dem WEF und dem TCFD festgelegten Standards ähneln sich. In Verbindung mit diesen Standards bewerten ESG-Rating-Agenturen wie Sustainalytics und MSCI sowohl quantitativ als auch qualitativ die Qualität der ESG-Berichterstattung von Marktteilnehmern. (Siehe unseren letzten Beitrag über ESG-Ratingagenturen hier). Während die Standardsetzer und Rating-Agenturen tatsächlich Leitlinien für die Kommunikation von ESG-Informationen bereitstellen, sollten Unternehmen nicht unterschätzen, wie lange die Orientierungs- und Datenerhebungsphasen, die notwendig sind, bevor sie über ESG berichten können, dauern.
Mehr als das Gesetz verlangt
Nach dem Gesetzeswortlaut sind kleine und mittelgroße Unternehmen derzeit nicht verpflichtet, über ESG zu berichten. Zwar ist sicher, dass sie in Zukunft dazu verpflichtet sein werden, vor allem, wenn die Unternehmen wachsen, doch noch ist die Offenlegung in der EU für Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern keine gesetzliche Verpflichtung.
Im Grunde genommen geht es bei diesen Verordnungen darum, zu einer zunehmend transparenten Wirtschaft überzugehen. Eine, in der die Märkte effizienter werden, indem sie die Kapitalkosten für Aktivitäten mit längerer Lebensdauer senken und die Kapitalkosten für Unternehmen erhöhen, deren externe Effekte nicht genau eingepreist wurden – zum Beispiel übermäßige Umweltverschmutzung. Da sich Investoren, Institutionen und Kapitalgeber auf mehrjährige Finanzierungsverträge festlegen, sind sie sich bewusst, dass Verträge, die heute abgeschlossen werden, morgen neuen Berichtsanforderungen unterliegen können. Daher ist nachvollziehbar, dass die Kapitalgeber anspruchsvoller sind als das Gesetz.
Sie wollen sich orientieren, welche Pflichten für Sie gelten und wie Sie Ihren ersten ESG-Bericht gestalten können? Dann ist cometis der richtige Ansprechpartner für Sie: Sprechen Sie uns an!
Michael Diegelmann: Gründer und Vorstand
Michael Diegelmann hat über 50 Unternehmen an die Börse gebracht und Erfahrungen in über 250 Investor Relations und ESG-Projekten gesammelt. Er ist seit 1997 im Bereich Kapitalmarktkommunikation tätig und ein ausgewiesener Experte in ESG-Themen.